Nachdem nun schon einige Tage seit dem Islandurlaub ins Land gegangen sind, wird es mal wieder Zeit für einen längeren, wenn auch nur einwöchigen, Ausflug. Diesmal treibt es das untriebige Stoffmonster an den Bosporus. Die warm-feuchte Übernachtungshöhle ist längst gebucht. Noch 6 Tage schlafen und dann beginnt das nächste Abenteuer. Bei dieser Reise werden mit Sicherheit nicht die weiten skurilen Landschaften im Vordergrund stehen. Wichtig wird es sein, sich auf diese Stadt einzulassen, sich nicht von der wahnsinnigen Größe und den riesigen Menschenmassen einschüchtern zu lassen. Wir versuchen, uns treiben zu lassen und die Atmosphäre dieser Stadt aufzusaugen. Ob uns das gelingt, werdet ihr bald sehen. (P. S. Für Internet ist gesorgt. Hoffe ich…)


Tag 1 ist geschafft und man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Schon die Ankunft in unserem Stadtteil (Beyoglu) war ein Erlebnis für sich. Wir mussten vom Taksim-Platz 15 Minuten zur Wohnung laufen. Auf der Karte sah es recht einfach zu finden aus. In der Realität war es aber schon eine Herausforderung, die richtige Ausfallstraße vom Taksim-Platz zu finden. Ein Taxi-Fahrer, den wir zuvor hatten stehen lassen, war nicht in seiner Ehre verletzt und erklärte uns von sich aus bereitwillig den Weg. Wir bogen in eine Einkaufsstraße ein und wurden von lautem Getöse empfangen. An jeder Ecke war ein anderer Club, der zur Straße hin ordentlich Zunder gab. Manchmal waren innerhalb eines Hauses auch mehrere Diskotheken. Jede für sich versuchte natürlich, auf sich aufmerksam zu machen. So kann man sich vorstellen, was dort los war. Von der Anzahl an Menschen ganz zu schweigen.

Was uns aber auch gleich auffiel und sich durch den weiteren Tag zog: Die Menschen gehen auf einen zu, um was an den Mann oder die Frau zu bringen, lassen aber recht schnell wieder von einem ab. Außerdem fühlten wir uns zu keiner Zeit unwohl. Wir sind schon am ersten Tag durch einige dunklere Nebengassen gelaufen und hatten bisher nicht das Gefühl, sonderlich viel Argwohn an den Tag legen zu müssen.

Die Eindrücke die hier von allen Seiten auf einen einströmen, sind kaum zu kanalisieren und liegen oftmals auch weit auseinander. Elend und Reichtum sind auch hier zwei Faktoren, die sich anziehen und ganz nah beieinander liegen. Man sieht recht viele Bettler und vor allem Kinder, die dafür mit herangezogen werden.

Dann hat man wieder die unendliche Anzahl an riesigen Moscheen und alter Gebäude, die weit über die Stadt ragen. Wenn dann noch die Sonne über dem Bosporus untergeht, kann man sich für den ersten Tag nix besseres wünschen.

Bisher ist das hier ganz ganz großes Kino. Wir hoffen, es folgen noch sechs weitere Vorstellungen.


Istanbul ist Katzenstadt. Ich habe noch keine Stadt erlebt, in der Katzen so im Mittelpunkt des öffentlichen Lebens stehen. Es gibt wirklich viele. Das ist natürlich noch kein Alleinstellungsmerkmal. Hier werden die Katzen liebevoll versorgt, bekommen ständig Futter, ihnen werden Unterstände gebaut und sie dürfen auch in den Geschäften schlafen. Oftmals haben sie dafür einen vorgesehenen Platz. Da die Tiere auch bei Fremden sehr verschmust sind, kann man davon ausgehen, dass ihnen noch nix Schlimmes widerfahren ist. Hier gehört es schon fast zum guten Ton, dass man als Geschäft seine eigene Katze hat.

Heute kamen wir recht schwer in Gang. Der andauernde Regen der Nacht trug seinen Teil dazu bei. Da aber auch 7 Tage eine sehr begrenzte Zeit darstellen, sind wir dann doch noch aus dem Haus gegangen. Trotz diverser Vorhersagen blieben wir trocken und die Sonne zeigte sich am Himmel. Einzig die Temperaturen waren heute nicht zu besänftigen. Bei 10 Grad schaffte es der leichte Wind spielend, die Sonnenwärme zu vertreiben. Zum Glück ist man in Istanbul nie lange gemütlich zu Fuß unterwegs. Ständig muss man Treppen hoch, Abhang hinunter, unter der Brücke lang und auf der anderen Seite wieder hoch. Man ist also ständig in Bewegung. Das merkt man dann auch schon einmal an diversen Stellen. 

Bisher müssen wir feststellen, dass sich jeder Meter, den wir zurückgelegt haben, gelohnt hat. Auch einfach mal eine Nebengasse zu laufen, erweist sich schnell als zeitraubender Abstecher. Am Ende des Tages sitzt man dann fertig und zufrieden im Restaurant und freut sich auf einen neuen Tag.


Den Lokalitäten in Istanbul mangelt es definitiv nicht an Angestellten. Es ist erstaunlich, wie viele von ihnen für eine handvoll Gäste zur Verfügung stehen. Bei einem kleinen Eis- und Süßigkeitenladen, der vlt. 50 Plätze aufweist, zählten wir bis zu 9 Personen hinter und vor dem Tresen. Die Angestellten, die nicht sichtbar ihren Dienst im Hintergrund verbrachten, konnten wir natürlich nicht mit einberechnen. Dass diese Angestelltenmasse nicht die ganze Zeit ausgelastet sein kann, versteht sich von selbst. Wie dann mit der gewonnenen und bezahlten Freizeit umgegangen wird, ist doch recht unterschiedlich. Einige haben Langeweile und verbergen ihr Unbehagen darüber nicht. Andere beschäftigen sich mit ihren Kollegen und andere machen einfach ihren Dienst. 

Weiterhin erstaunlich ist der Umgang der Männer mit ihrem eigenen Geschlecht. Man sieht häufig, dass Männer ohne Frauen unterwegs sind. Sehr oft sind auch nur 2 Männer gemeinsam unterwegs. Das Miteinander ist dabei wesentlich herzlicher, als man das so in unseren Breiten gewöhnt ist. Obwohl man dem türkischen Mann machohaftes Verhalten nachsagt, ist eine gesunde und ich nenne es mal liebevolle Männerfreundschaft kein Widerspruch.

Heute wurde mal wieder gezaubert. So wurden innerhalb kurzer Zeit aus Straßen Bäche und Flussläufe. Dazu reichte ein ergiebiger Hagelschauer, welcher ein wenig von Blitz und Donner untermalt wurde. Da Istanbul recht hügelig daherkommt, haben die Wassermassen auch gleich genügend Gefälle, um richtig Fahrt aufzunehmen. Bei 9 Grad Außentemperatur waren wir über die nassen Füße nicht gerade begeistert. Dennoch haben sie uns dann gegen Abend noch eine Strecke, wie von Plagwitz nach Mölkau getragen. Dann hatten wir es aber auch gehörig satt… Morgen ist hier Feitertag!


Man hat ja so seine vorgefertigten Ansichten, wenn man die westliche Welt hinter sich lässt und einen arabisch-orientalischen Flecken besucht. Vor allem als Deutscher ist man gewöhnt, dass alles auf Effizienz und Sinnhaftigkeit ausgelegt ist. Dies wird ja vielen Ländern im süd-östlichen Teil Europas nicht zugetraut. Daher waren wir recht erstaunt, wie pragmatisch einige Sachen in Istanbul doch sind. Ein Beispiel ist die Istanbul-Karte. Mit dieser kleinen wiederaufladbaren Chipkarte kommt man recht problemlos mit fast allen öffentlichen Verkehrsmitteln von A nach B. Einmal aufladen und dann immer schön an den Entwerter halten beim Eintritt in die jeweilige Station oder das gewünschte Verkehrsmittel und schon kann es losgehen, Guthaben vorausgesetzt. Das erspart das ständige Kleingeldgesuche beim Beginn der Fahrt. Noch interessanter wird das Ganze beim Gang auf die großen bunten Toilettencontainer. Auch hier kann man ganz einfach mit der Istanbul-Karte bezahlen. Ich weiß nicht, warum so etwas bei uns nicht möglich ist. Würde meines Erachtens auch einiges an Papier einsparen. Außerdem könnte die LVB immer schön die Preise erhöhen, ohne dass sich der Fahrgast erst neue Fahrkarten besorgen müsste. Werde ich mal einreichen diesen Vorschlag!

Ansonsten hat es früh mal wieder geregnet und die Temperaturen wollen auch noch nicht so richtig in Schwung kommen. Dennoch besuchten wir die asiatische Seite Istanbuls. Eigentlich bin ich ja keiner großer Fan von solchen Drängelmärkten, wo jeder nur versucht, seinen Trödel an einen dämlichen Touristen loszuwerden. Hier war das aber recht entspannt. Es war zwar auch gut gefüllt, aber die Verkäufer waren doch sehr zurückhaltend, bis überaus freundlich. Es gab auch immer mal was zu sehen, was man so in der Form nicht überall zu Gesicht bekommt. Ansonsten war diese Seite Istanbuls vom touristischen Massenauflauf etwas verschont geblieben. Dies zeigte sich auch beim Mittags-Frühstück, als der Kellner doch tatsächlich zuerst mit einer türkischen Karte kam und erst nach kurzem Augenkontakt auf die englische umschwenkte. Das hat uns gefallen. Jetzt soll es auch noch wärmer werden und die Sonne durchweg scheinen. Also noch 2 Tage Vollgas…


Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell man sich in fremden Städten und Ländern zurechtfindet. Bei uns ist die Aufgeregtheit vor einer Reise sehr unterschiedlich. Für Shirley gibt es keinen direkten Gedanken an die Zeit, die nach Beendigung des Fluges sein wird. Erst einmal muss dieses notwendige Übel überwunden sein. Alles andere, was danach kommt, kann nicht sonderlich problematisch sein (Damit ist nur der Zeitrahmen bis zum Beziehen der Unterkunft gemeint. Die Reiseplanung wird natürlich vorbereitet.). Bei mir spielt der Flug gedanklich schon auch eine Rolle, ich mache mir aber eher darüber Gedanken, wie man so schnell wie möglich zur Unterkunft gelangt. In Istanbul gab es dafür mehrere Möglichkeiten. Wir hatten uns dann für den Bus entschieden, der uns bis zum Taksim-Platz brachte. Ab hier mussten wir noch im Dunkeln und von tausenden von Menschen begleitet, den richtigen Start unserer Exkursion finden. Nach mehreren Anläufen gelang uns das dann auch und wir fanden unsere Wohnung. 

Es dauert aber nicht allzu lange und man bewegt sich in diesem Terrain, als ob man noch nichts anderes getan hat. Man hat so die kleinen Dinge, auf die man achtet und über die man sich orientiert. Jede Stadt, so chaotisch sie auch erscheinen mag, hat ein gewisses System. Wenn man das einmal erkannt hat, findet man sich gut zurecht.

Heute sind wir mit der Fähre nach Eyüp gefahren. In Eyüp gab es einen großen Friedhof zu bestaunen. Die unterschiedlichen Friedhöfe der Länder faszinieren uns sehr. Die älteren Grabsteine auf diesem Friedhof haben mit unseren kaum was gemein (siehe Bild). Die neueren gleichen sich den deutschen Grabsteinen doch sehr an. Die Lage dieses Friedhofes ist absolut fantastisch. Man hat einen schönen Blick auf den Bosporus (Goldene Horn). Das Kaffee, welches sich am oberen Ende des Friedhofes befindet, ist eine Ausflugsstätte für Einheimische und Touristen. Dem entsprechend war dort die Hölle los. Wir beobachteten die Leute und freuten uns, bei zweistelligen Temperaturen in der Sonne zu sitzen.

 


Heute war der letzte Tag, den wir komplett in Istanbul verbrachten. Leider hatten die kühlen Temperaturen und das ständige Geschwitze und Abgekühle dazu geführt, dass ich mich erkältet hatte. Somit wurde das Programm des heutigen Tages auf Kraftsparen ausgelegt. Auf der Hauptvergnügungsmeile war schon wieder HalliGalli (Ist das jetzt eigentlich durch die Pro7-Möchtegern-TV-Experten geschützt?). Es trommelte und trompetete eine Kombo aus 7 oder 8 Personen und dahinter zog eine Horde bunt geschmückter Kinder die Straße entlang. Lustigerweise waren diese von links und rechts mit langen Seilen eingefercht, damit kein Kind verloren gehen konnte. An den hinteren Enden kämpften dann ein paar Plüschtiermenschen, um die beiden Seile im Griff zu behalten. Dies schien ein wenig Kraft zu kosten. Wir saßen beim Frühstück und beobachteten das Treiben genüsslich.

Hätten wir Istanbul an einem Samstag kennengelernt, wüsste ich nicht, ob die erste Begeisterung für diese Stadt ähnlich groß gewesen wäre. Was heute in den besuchten Stadtteilen unterwegs war, kann man nicht annähernd mit dem vergleichen, was wir am Anfang der Woche an Mittouristen um uns hatten. Auch schnellte die Anzahl deutschsprachiger Touristen massiv in die Höhe. Noch wenige Tage vorher, hatten wir festgestellt, dass gar nicht so viel Deutsch gesprochen wird in Istanbul. Na das hatte sich dann auch erledigt.

Den Abend schlossen wir dann an einem Fischrestaurant am Bosporus. Shirley wollte unbedingt Steinbutt essen. Am Vorabend fielen uns von der Galatabrücke aus viele bunte Lichter in Wassernähe auf. Wir schlenderten vorsorglich schon einmal hin und sahen, diesen pockigen Fisch. Heute war das Wetter leider am Abend nicht mehr so prall, dennoch machten wir uns es dort unter einer Zeltplane gemütlich. So viele Ausländer scheinen bis dort hinter, es war das letzte von vielen Restaurants, nicht gekommen zu sein. Jedenfalls scharrten sich die meist jungen Kellner um uns und hielten uns ständig bei Laune. Sie verloren nur den Glauben, als ich einen Raki mit Wasser für Shirley bestellte und selbst keinen wollte. Das kam ihnen nicht sonderlich Geheuer vor. Mit diesem Zweifel haben wir sie dann auch alleine gelassen. 


Istanbul ist nun Geschichte. Der gestrige Abflugtag hielt auf dem Flughafen ein abschließendes Erlebnis für uns bereit. Wir waren ca. 2,25 h vor Abflug auf dem Flughafen. Bisher hatte diese Zeitspanne gereicht, um noch eine Stunde auf das Boarding zu warten. In Istanbul war aber soviel los, dass wir vom Check-In (ca. 45 Minuten), über die Passkontrolle direkt in den Flieger steigen konnten. Die Menschenmassen waren einfach zuviel für die vorhandenen Möglichkeiten. Zum Glück sind wir ja noch rechtzeitig angekommen.

Da ich ja im Vorfeld schon von Istanbul als Katzenstadt geschrieben hatte, habe ich diesmal 5 Exemplare als kleine Vorschau ausgewählt. Ich hätte hunderte davon fotografieren können.

Istanbul war eine tolle Erfahrung für uns. Es war die richtige Entscheidung, 7 Tage in der Stadt zu bleiben. Ich kann mir gut vorstellen, dass ein Kurztrip von Donnerstag bis Sonntag einiges an Stress in uns (wahrscheinlich ganz stark in mir) ausgelöst hätte. Der Unterschied an Touristen war noch einmal gewaltig. Dennoch geht alles irgendwie seinen Gang. Klar ist die Stadt auch geprägt von bettelnden Kindern (oftmals wo syrische Flüchtlinge) und Häusern, die mal wieder etwas Sanierung gebrauchten könnten. Dennoch war das Gesamtbild sehr angenehm und immer wieder stachen die historischen Gebäude heraus. Auch die riesigen Moscheen, die über dem Bosporus ragten, waren ein echter Hingucker (im Dunkeln aufgrund der Beleuchtung tlw. noch mehr). Das i-Tüpfelchen ergab sich dann noch durch die sehr liebenswerte und zuvorkommende Art der Istanbuler. Die meisten waren sehr freundlich und auch die Verkäufer beließen es meist bei einmaligen Gefrage und bedrängten uns nicht. Sehr oft, wenn wir etwas ratlos nach einer Straße oder Eingang suchten, kam einer und fragte uns, ob er helfen kann. Noch mehr überrascht war man dann, wenn der fragende Türke Deutsch sprach.

Wir haben es sehr genossen!

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